Ein gerichtlicher Beschluss nach § 98 Ehegesetz (EheG), nach welchem der eine Ehegatte zum Hauptschuldner und der andere Ehegatte zum Ausfallbürgen erklärt wird, kommt nur bei solchen Kreditverbindlichkeiten in Frage, bei welchen beide Ehegatten von vornherein für diesen Kredit haften. Wird gegen den gerichtlichen Beschluss jedoch nicht mit Rechtsmitteln vorgegangen, kann dieser rechtsgestaltende Wirkung entfalten.

Sachverhalt Die Ehegattin eröffnete im Jahr 2004 bei einem Bankinstitut ein Konto, von welchem sie und ihr vormaliger Ehegatte insgesamt EUR 5.000 behoben. Im Jahr 2008 wurde die Ehe einvernehmlich geschieden. Dabei wurde mit Beschluss des Gerichts nach § 98 EheG ausgesprochen, dass hinsichtlich des Bankkontos der vormalige Ehegatte als neuer Hauptschuldner und die Ehegattin nur mehr als Ausfallbürgin anzusehen sei.

Ab diesem Zeitpunkt führte das Bankinstitut das Konto auf den Namen des vormaligen Ehegatten. Als der einst behobene Betrag nicht zurückgezahlt wurde, erhob das Bankinstitut jedoch Klage gegen die Ehegattin. Sie sei die alleinige Schuldnerin des Kontos gewesen und ihr vormaliger Ehegatte habe nie für dieses Konto gehaftet. Auch nachdem der vormalige Ehegatte per Beschluss zum Hauptschuldner erklärt worden sei, könne das Bankinstitut keine Klage gegen ihn erheben, da er nie aus diesem Konto verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte bestritt dies und brachte unter anderem hervor, dass sie aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichts nach § 98 EheG nur mehr als Ausfallsbürgin haftpflichtig sei.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht gab dem Begehren des klagenden Bankinstituts gegen die Ehegattin zur Gänze statt. Zwischen der Klägerin und dem vormaligen Ehegatten würde in Bezug auf das Bankkonto kein Vertrag bestehen. Auch könne ein nach § 98 EheG gefasster Beschluss einen solchen Vertrag nicht begründen. Dem klagenden Bankinstitut gegenüber würde somit nach wie vor die beklagte Ehegattin haften.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Ein Beschluss nach § 98 EheG, dem keine frühere Haftung beider Ehegatten zugrunde liege, sei wirkungslos. § 98 EheG ermögliche bloß die Umgestaltung bestehender Vertragsverhältnisse, nicht aber die Begründung eines neuen.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs (OGH) sei § 98 EheG grundsätzlich nur anwendbar, wenn beide Ehegatten von vornherein für den Kredit gehaftet hätten. In diesem Fall sei die Ehegattin jedoch die Alleinschuldnerin der Kreditverbindlichkeit gewesen.

Der dennoch ergangene Beschluss, den vormaligen Ehegatten als Hauptschuldner und die zuvor alleinhaftende Ehegattin als Ausfallbürgin zu bestimmen, hätte laut OGH nicht nur den beteiligten Ehegatten, sondern auch dem kreditgebenden Bankinstitut das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen. Damit hätte die mangelnde Anwendbarkeit des § 98 EheG eingewendet werden können. Im gegenständlichen Fall wurde gegen den Beschluss jedoch kein Rechtsmittel erhoben, sodass er inzwischen mit rechtsgestaltender Wirkung rechtskräftig geworden sei. Der nach § 98 EheG ergangene Beschluss habe somit dazu geführt, dass eine Haftung des zuvor nicht haftenden vormaligen Ehegatten begründet und die bislang bestehende Alleinhaftung der beklagten Ehegattin auf die einer Ausfallbürgin reduziert worden sei.

 

 

OGH 9.4.2015, 2 Ob 168/14s